Als die GfT im Herbst 2020 das Call-for-Papers für die 62. Tribologie-Fachtagung vom 27. bis 29. September 2021 verschickt hatte, war sicher noch jeder optimistisch, dass ein Jahr später Covid-19 Vergangenheit sein würde. Wie wir alle wissen, war dem nicht so und die Fachtagung musste 2021 wieder online stattfinden. Dabei hat die GfT erneut mit Fa. Aixzellent zusammengearbeitet, die sie bereits im Vorjahr sehr gut und professionell unterstützt hatte, wodurch GfT und Aixzellent viel Lob ernten konnten. Durch diese Erfahrungen ging es bei der Vorbereitung deutlich entspannter zu, und man konnte sich an neue Aufgaben wie eine Fachausstellung und sogar eine Abendveranstaltung heranwagen. Eine Teilnehmerzahl von fast 250 zeigte das gestiegene Interesse und sprach für die Attraktivität der Tagung auch in diesem Format.
Neuer Anfangsbildschirm 2021 mit den Zugangsmöglichkeiten zu den einzelnen Sessions,
der Poster- und der Fachausstellung
Plenarveranstaltung
Die Plenarveranstaltung am 27. September begann mit der Begrüßung durch Dr. Christoph Wincierz, dem Vorsitzenden des GfT-Vorstands. Er sprach die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Covid-19 in Rekordzeit an, was Anlass zur Hoffnung gibt, dass auch die Herausforderungen durch den Klimawandel gemeistert werden können und Ingenieure wie auch Wissenschaftler die richtigen Ideen haben, um eine klimaneutrale und nachhaltig wirtschaftende Gesellschaft zu entwickeln.
Dies war eine gute Überleitung zum Schwerpunktthema „Nachhaltigkeit durch Tribologie“, das den Rahmen für die Plenar- und viele Fachvorträge der Tagung setzte.
Der erste Plenarvortrag trug den Titel „Materialeffizienz durch Verschleißschutz – Der Beitrag der Tribologie zur Reduzierung der CO2-Emissionen“ und wurde von GfT-Vorstandsmitglied Dr. Mathias Woydt gehalten. Dabei nahm er Bezug auf frühere und aktuelle internationale Studien zu dem Thema und fasste speziell die der GfT mit der Überschrift „Tribologie in Deutschland“ zusammen. In der ersten Studie war durch führende Experten dargelegt worden, dass enorme CO2- Einsparungen bereits durch die derzeit verfügbaren Möglichkeiten zur Reibungsminderung möglich wären, wenn sie nur konsequent genutzt würden. Die zweite Studie mit dem Untertitel „Verschleißschutz und Nachhaltigkeit“ bezieht sich auf die Nachhaltigkeitsziele der UN und zeigt u.a. auf, wieviel CO2-Äquivalente durch Rohstoffgewinnung anfallen. Auch hierbei kann die Tribologie ihre Nützlichkeit durch verminderten Verschleiß und damit verlängerte Lebensdauer von Produkten unter Beweis stellen. Beide Studien sind kostenfrei in deutscher und englischer Fassung von der GfT-Webseite herunterzuladen. Die erste steht auch in französischer Sprache zur Verfügung.
Traditionsgemäß wurden in der Plenarveranstaltung die GfT-Förderpreise und das Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichen verliehen (siehe folgende Absätze). In diesem Jahr gab es als zusätzlichen Programmpunkt die Vorstellung der vielfältigen Aktivitäten des Arbeitskreises „Junge Tribologen“ durch Frau Carina Morstein.
Am Nachmittag des ersten Tags gab es zwei weitere Plenarvorträge. Elmar Kühn, Hauptgeschäftsführer der UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e.V. legte in seinem Vortrag „E-Fuels – der Game Changer der Mobilität“ dar, dass auch auf Basis dieser erneuerbaren Kraftstoffe eine nachhaltige Mobilität erreicht werden kann. Der zweite Nachmittagsvortrag ging auf die Chancen und Risiken, die mit der Einführung eines digitalen Produktpasses verbunden sind ein. Gehalten wurde er von Kai Peters, zuständig für Industrie 4.0, Digitalisierung und Forschung im European Office der VDMA in Brüssel. Er betonte, dass dieser durch Fachexperten gestaltete Branchenlösungen bieten und vor allen ein für KMUs handhabbares, bezahlbares Instrument werden sollte.
GfT-Förderpreise
Im Jahr 2021 wurden die Förderpreise der GfT in allen drei Kategorien vergeben. Herr Maximilian Romeser wurde für seine Bachelorarbeit mit dem Titel „Entwicklung eines Messsystems zur Untersuchung schlupfkritischer Betriebszustände bei vollrolligen Zylinderrollenlägern mithilfe einer Auswerteroutine“ ausgezeichnet. Die Arbeit „Ultrasonic Film Thickness and Viscosity measurements in lubricated contacts“ von Herrn Fabio Tazgern erhielt den Förderpreis in der Kategorie der Masterarbeiten. Als beste Dissertation wurde die Arbeit von Herrn Dr. Stefan Makowski mit dem Titel „Superlubricity und tribochemischer Verschleiß: Wechselwirkung von tetraedrisch amorphen Kohlenstoffschichten mit fettsäurebasierten Schmierstoffen“ ausgezeichnet.
Die Urkunden zu den GfT-Förderpreisen
Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichen
Das Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichen, die höchste deutsche Auszeichnung auf dem Gebiet der Tribologie, wurde 2021 an Prof. Dr.-Ing. Alfons Fischer verliehen. Alfons Fischer war seit 1992 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2019 Professor für das Fachgebiet Werkstofftechnik im Fachbereich Maschinenwesen der Universität Duisburg/Essen. Er ist jedoch auch heute noch aktiv, z.B. als Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Eisenforschung. In seiner Laudatio würdigte Prof. Werner Theisen, Leiter des Lehrstuhls für Werkstofftechnik an der Ruhr-Universität Bochum Prof. Fischer als einen Wissenschaftler, der sich der Tribologie mit Hingabe widmet und sich eine beachtliche nationale und internationale Sichtbarkeit erarbeitet hat, wobei die Arbeiten in der Biotribolgie der letzten Jahre einen großen Anklang nicht nur bei Tribologen, sondern auch bei Medizinern gefunden haben.
Abendveranstaltung
Ein Highlight der diesjährigen Tagung war eine virtuelle Abendveranstaltung. Vorab war den Teilnehmern ein Päckchen mit einem Sekt-Piccolo und Snacks zugeschickt worden, damit sie sich auch aus der Ferne zuprosten zu können. Die Bildschirmoberfläche stellte die gewohnte Umgebung der Präsenztagung, nämlich die Orangerie des Hotels Freizeit In dar. Dort konnte man mit seinem Avatar herumlaufen, sich an Tische anderer Teilnehmer stellen und sich nur mit diesen unterhalten. Aufgelockert wurde die Veranstaltung noch durch ein tribologisches Quiz, das sich Werner Stehr ausgedacht hatte und bei dem zu erraten war, ob in dem gezeigten Aufbau ein Körper nur durch Reibung von Elastomer-Kugeln gehalten werden kann.
Die Möglichkeit des Austauschs abseits vom eigentlichen Tagungsprogramm wurde von vielen Teilnehmern genutzt und, da auch die technische Umsetzung ohne Probleme funktioniert hatte, gab es sehr positive Rückmeldungen.
Bildschirmoberfläche der Abendveranstaltung mit „Tischen“ zum persönlichen Austausch
Spezielle Sessions
Fester Programmpunkt, auch im Online-Format, ist inzwischen eine eigene Session zum DFG-Schwerpunktprogramm 2074 „Fluidfreie Schmiersysteme mit hoher mechanischer Belastung“, in der jedes der 12 Einzelprojekte über seine Fortschritte berichten konnte. Ebenfalls zum wiederholten Mal war das vom BMWi-Forschungsfeld „Tribologie“ vertreten, mit 9 Vorträgen diesmal sogar stärker als im letzten Jahr.
Fachvorträge
Obwohl die Corona-Pandemie nach wie vor ein Handikap für eine solche Tagung, die sehr vom persönlichen Austausch der Teilnehmer lebt, darstellt, konnte die GfT mit einem Tagungsprogramm, das insgesamt 82 Vorträge in 5 Parallelsitzungen umfasste, wieder sehr zufrieden sein. Wie anfangs erwähnt, konnte auch die Anzahl der Teilnehmer von ca. 200 im letzten Jahr auf knapp 250 gesteigert werden. Zum Schwerpunktthema gab es eine eigene Session, die von einem volkswirtschaftlichen Vortrag mit dem Titel „Nachhaltigkeit und Wirtschaftswachstum – ein Widerspruch?“ eingeleitet wurde. Prof. Binswanger von der FH Nordwestschweiz zeigte darin auf, was die Umstellung auf Stoffkreisläufe und sparsamen Umgang mit Ressourcen für unser auf Wachstum ausgelegtes Wirtschaftssystem bedeutet und welche Probleme auch durch sog. Rebound-Effekte dabei auftreten. Vorträge mit tribologischen Themen betrachteten Aspekte zukünftiger Verbrennungsmotoren für Power-to-X-Kraftstoffe und Polymer-Materialien für tribologische Anwendungen in der Wasserstofftechnik. Auch in anderen Sessions war das Thema Nachhaltigkeit vertreten. So hielt beispielsweise Frau Inga Herrmann vom Verband der Schmierstoff-Industrie e.V. (VSI) einen Vortrag mit dem Titel „Nachhaltigkeit von Schmierstoffen“.
Wie in jedem Jahr war wieder das Thema „Tribologische Systeme“ am stärksten vertreten, aber auch zur Tribometrie, den Werk- und Schmierstoffen und den Maschinenelemente gab es viele interessante Vorträge. Hervorzuheben ist, dass es wieder Vorträge zur Biotribologie mit Themen zu Beschichtungen und Oberflächenstrukturierung für Implantate und Schmierung für künstliche Kniegelenke gab. Auch der Bereich rund um tribologische Datenbanken hatte wieder Eingang ins Programm gefunden. In diesen Vorträgen ging es um maschinelles Lernen zur Fehlererkennung, Methoden zur Vorhersage der Restlebensdauer von Kugellagern und die Standardisierung von tribologischen Modellversuchen.
Abschlussveranstaltung und Preisverleihung „Tribologie ist überall“
Eine liebgewordenen Tradition ist, das Tagungsprogramm mit der Verleihung des Preises „Tribologie ist überall“ und einem Vortrag von Werner Stehr abzuschließen. Der Preis ging in diesem Jahr an Roman Pohrt, TU Berlin, für das Thema „Reifenabrieb in der Umwelt“, das in einem Verbundprojekt der Fachgebiete Siedlungswasserwirtschaft und Systemdynamik und Reibungsphysik in Zusammenarbeit mit Industriepartnern untersucht worden war1.
Nach der Preisverleihung und dem Vortrag des Preisträgers warteten die Teilnehmer mit Spannung auf den Abschlussvortrag von Werner Stehr, diesmal mit dem Titel „Wenn die Stribeck-Kurve auf der Verschleißprobe sichtbar wird“. Natürlich wurden sie nicht enttäuscht, denn es war wieder ein sehr anschaulicher Abriss von den ersten Reibversuchen in Rüböl, über einen Versuchsaufbau, der negative Reibungszahlen ergibt, bis hin zu Verschleißmarken, die die Bereiche der Stribeck-Kurve abbilden. Zum Schluss überraschte er die Zuhörer noch mit einem Maskottchen für Tribologen, dem Pseudotribos robustus. Dabei handelt es sich um ein Tier, das vor 165 Mio. Jahren lebte und heute leider ausgestorben ist. Der Name weist auf die Mahlzähne des Tieres hin, die möglicherweise zu schnell verschlissen, was dann zum Aussterben dieser Tierart geführt hat.
Beendet wurde die Tagung durch das Schlusswort von Dr. Wincierz, der ein positives Fazit der Tagung zog, wobei er die Möglichkeit, unter den gegebenen Umständen das Online-Format zu nutzen, ausdrücklich begrüßte. Er dankte allen Beteiligten, die zum Gelingen der Tagung beigetragen hatten und beendete die Veranstaltung mit dem Wunsch, die Teilnehmer zur nächsten Fachtagung wieder persönlich zu sehen.
Die 63ste Tribologie-Fachtagung ist für den
26. bis 28. September 2022 wieder in Göttingen geplant.
Wie bei vielen ähnlichen Veranstaltungen inzwischen üblich, verzichtet die GfT auf die Herausgabe von gedruckten Tagungsbänden. Alle Beiträge werden jedoch als pdf-Downloads sowie in einem Gesamt-Tagungsband zur Verfügung gestellt, der für interessierte Nichtteilnehmer bei der Geschäftsstelle der Gesellschaft für Tribologie e.V. (Adolf-Fischer-Str. 34, 52428 Jülich, Tel.: +49 (0)2461 340 79 38, E-Mail: tribologie@gft-ev.de, Internet: www.gft-ev.de) erhältlich ist.
Thomas Gradt
1Vorhaben “Reifenabrieb in der Umwelt (RAU)”, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung,
Fördernr. 13NKW011A