Prof. Dr.-Ing. Gunter Knoll
Gunter Knoll wurde im Jahr 1941 in Glogau in Niederschlesien geboren. Zum Studium des Maschinenbaus mit Schwerpunkt „Wärme-, Kraft- und Arbeitsmaschinen“ ging er 1964 nach Aachen an die RWTH und erhielt dort 1968 sein Diplom. Nach seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Maschinenelemente und Maschinengestaltung (IME) promovierte er 1974 bei Professor Peeken mit dem Thema „Berechnung von Radialgleitlagern unter elasto-hydrodynamischen Bedingungen“. Der Begriff „EHD, Elasto-Hydrodynamik“, war damals, um 1970, keineswegs etabliert, ähnlich wie der Begriff „Tribologie“, den Peter Jost gerade erst 1966 geprägt hatte. Insbesondere die Anwendbarkeit der Elasto-Hydrodynamik auf nicht linienförmige Kontakte war damals in der Wissenschaft nicht unumstritten.
Im Anschluss an die Promotion übernahm er, von 1974 – 1994 die Leitung der Abtei-lung Strukturanalyse und Tribologie am IME der RWTH Aachen. 1987 habilitierte er dort mit dem Thema „Fluid-Kontaktelemente – ein numerisch effizientes Verfahren für elasto-hydrodynamisch gekoppelte Systeme“.
1994 nahm er den Ruf für die Professur „Maschinenelemente und Tribologie“ an die Universität Kassel an und wurde dort geschäftsführender Direktor des Instituts für Maschinenelemente und Konstruktionstechnik. Von 2005-2010 war er Dekan des Fachbereichs 15.
Prof. Knoll hat sich in Kassel weiterhin intensiv mit der Entwicklung von Simulationstechniken für Tribosysteme unter Berücksichtigung von hydrodynamischen, elasto-hydrodynamischen und thermo-elasto-hydrodynamischen Bedingungen beschäftigt und dabei insbesondere die Anwendungen in Berechnung und Auslegung sowie in der Schwachstellenanalyse und Optimierung verfolgt. 1997, mit der Gründung der Ingenieurgesellschaft für Strukturanalyse und Tribologie, IST GmbH in Aachen, hat er auch eine Basis für die direkte industrielle Umsetzung und Anwendung geschaffen. Als Antwort auf das geäußerte große Interesse in der industriellen Gemeinschaftsforschung und bei den kooperierenden industriellen Forschungs- und Entwicklungszentren befasst sich die IST heute mit nahezu 20 Mitarbeitern erfolgreich mit Softwareentwicklung, Softwarevertrieb, Engineering und Schulung.
Auch für die Gesellschaft für Tribologie hat sich Prof. Knoll aktiv eingesetzt. Von 2002–2009 war er Mitglied des Vorstands und von 2004-2007 dessen stellvertretender Vorsitzender. In seinem Werdegang hat Prof. Knoll frühzeitig das Potential der Finite-Elemente-Methode für die unterschiedlichsten Problemstellungen der Elastomechanik, Thermomechanik und Hydrodynamik erkannt und schon mit seiner Dissertation zur Berechnung der Deformationen beliebig belasteter Gleitlager wurde die Grundlage für zukünftige erfolgreiche Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet gelegt. Es folgte die Entwicklung von erforderlichen Algorithmen zur Berechnung des hydrodynamischen Tragdruckaufbaus durch Lösung der Reynoldsschen Differentialgleichung sowie zur Berechnung der Verformung beliebig gestalteter Bauteile. Dies war eine entscheidende Voraussetzung für die numerische Behandlung des elasto-hydrodynamischen Problems, bei dem die elastischen Verformungen des Tribosystems auf den hydrodynamischen Tragdruckaufbau einbezogen und die Entstehung von Reibungsverlusten berücksichtigt wird. Es folgten die Integration der hydrodynamischen Schmierungstheorie, der Kontinuumsmechanik elastischer Körper und die Weiterentwicklung der bereits verfügbaren EHD-Simulationstechniken.
Aktuell stehen für ihn neben den klassischen Optimierungszielen der Tribologie – der Reduktion von Reibung und Verschleiß – Verfahrensentwicklungen und Optimierungsstrategien im Fokus. Damit können Tribosysteme auch unter ökologischen Gesichtspunkten wie Reduktion von CO2-Emissionen, Wirkungsgradverbesserung und Verbrauchsreduktion ausgelegt werden.
Neben der Methodenentwicklung stand aber immer gleichberechtigt auf seiner Agenda, diese Methoden in praxisreife Softwaretools zu implementieren. Heute werden dieses Softwaretools bei nahezu allen Motorentwicklern und deren Zulieferern eingesetzt, wobei zunehmend auch Anwendungen im Bereich stationärer Antriebskomponenten an Bedeutung gewinnen.
Als Hochschullehrer hat Prof. Knoll in mehr als 30-jähriger Tätigkeit in Forschung und Lehre nachhaltige Akzente für die Verbreitung tribologischen Wissens gesetzt. Sein Lehrangebot umfasste neben der Tribologie die Fächer Maschinenelemente und Konstruktionstechnik. Im Rahmen seiner Forschungstätigkeit veröffentlichte er mehr als 200 technisch/wissenschaftlichen Publikationen, betreute 45 Dissertationen mit direktem Bezug zur Tribologie und warb ca. 40 öffentlich geförderte Forschungsprojekte ein.
Seit seiner Emeritierung nimmt er weiterhin die Aufgaben des geschäftsführenden Gesellschafters der Ingenieurgesellschaft für Strukturanalyse und Tribologie (IST) in Aachen wahr, die heute ein gefragter Partner in Kooperationsprojekten mit universitären Forschungseinrichtungen.
Die berufliche Begeisterung für Motorentechnik und Fahrzeuge blieb natürlich nicht ohne Auswirkungen auf private Leidenschaften, insbesondere für Fahrzeuge mit Boxermotor. Dies führte vor vielen Jahren zur Anschaffung eines VW-Käfers und hat seit 1976 bis heute ihre Fortsetzung in der Beschäftigung mit Fahrzeugen mit Boxermotor in etwas ansprechenderer Verpackung gefunden.
Am 22. September 2015 wurde Herrn Prof. Dr.-Ing. Gunter Knoll das Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichen der Gesellschaft für Tribologie e.V. verliehen.